swa historisch: Heiße Kohlen und tonnenweise Koks

Ab 1910 bis 1915 wurden die meisten Gebäude auf dem Gaswerk gebaut. Doch wie entstand darin aus Kohle schließlich Stadtgas? Die spannende Entwicklung des Areals von der Gasproduktionsstätte zum Zentrum für Kultur und Kreativität – Teil 3.

Seit 1915 war das neue Gaswerk in Oberhausen in Betrieb und löste damit die beiden bestehenden Gaswerke in der Innenstadt ab. Vier, später vierzig Öfen produzierten hier 53 Jahre lang sogenanntes Stadtgas aus Steinkohle. Doch wie genau funktionierte das?

Grundmaterial für die Gaserzeugung war Steinkohle. Eine werkseigene Lok brachte die Kohle vom Augsburger Güterbahnhof zum Gaswerk, das seine eigene Gleisanlage hatte. Die Kohle wurde in einem Kohlesilo neben dem Ofenhaus gelagert. Der Weg von der Kohle zum Stadtgas führte durch fast alle Gebäude auf dem Gaswerksareal. Los ging es im Ofenhaus. Das Ofenhaus heißt nicht ohne Grund so: Darin befanden sich 1915 vier Öfen, die die Kohle unter Luftabschluss auf bis zu 1.200 Grad erhitzten.

Stadtgas und Koks als Energielieferanten

Die extreme Hitze hatte zwei Funktionen: Sie sorgte dafür, dass sogenanntes Rohgas aus der Kohle entwich und Koks aus der Kohle entstand. Bis zu zwanzig Stunden dauerte es, bis das Gas vollständig entwichen war und sich die Kohle zu Koks verwandelt hatte. Wegen der hohen Temperaturen trugen die Arbeiter Holzschuhe, die sie zwischendurch in Wasser tränkten und nass wieder anzogen, um ihre Füße zu kühlen.

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Gaswerk historische Aufnahmen

70 Tonnen Koks aus 100 Tonnen Steinkohle

Damit der Koks an der Luft nicht weiter verbrannte, wurde er nach der Entnahme aus den Öfen mit Brauchwasser aus dem Gaswerk abgelöscht. Dabei entstanden riesige Dampfwolken, die in der ganzen Umgebung zu sehen waren. 100 Tonnen Steinkohle verwandelten sich in etwa 70 Tonnen Koks und 35.000 Kubikmeter Rohgas. Der Koks diente als Heizmaterial für viele Gebäude und wurde direkt am Gaswerk verkauft.

Das Kühlergebäude: Abkühlung für das Rohgas

Das heiße Gas, das aus der Steinkohle entwichen war, wurde mit Gassaugern abgesaugt und anschließend im Kühlergebäude heruntergekühlt. Das Kühlergebäude erkennt man bis heute durch das kleine Türmchen auf dem Dach. Es hatte die Funktion, die große Hitze, die beim Herunterkühlen des Gases entstand, abzutransportieren. Der eiserne Dachstuhl des Kühlergebäudes und die große Fensterfläche dienten als „Sollbruchstelle“ und sollten das Gebäude bei einer Gasexplosion vor dem Einsturz – und so vor großem Schaden bewahren. Die Kühler, in denen das Gas mit Luft und Wasser gekühlt wurde, hatten eine Höhe von rund sieben Metern. Bis heute ist die Galerie im Kühlerhaus erkennbar, von der aus Gaswerksmitarbeiter in 7,5 Metern Höhe an den Kühlern werkelten.

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Der Behälterturm: Wasser marsch

Das Wasser, das zur Kühlung benötigt wurde, lagerte im Behälterturm. Er ist mit 35 Metern das zweithöchste Gebäude auf dem Gaswerk, hinter dem Gaskessel. Darin untergebracht waren vier Wasserbehälter aus Stahlbeton, die 540.000 Liter fassen konnten. Das Kühlergebäude, der Behälterturm und das Apparatehaus waren durch Verbindungsgänge verbunden. Wie es für das abgekühlte Rohgas weiterging, lesen Sie im nächsten Teil der Serie.

Fotos: Sammlung Franz Häußler